Hinter den Nebeln
von Was Mitskar

Feen, mit ihnen ist es wie mit der Familie: Man trifft sie überall an, sie sind in höchstem Maße anstrengend und findet man angenehme Zeitgenossen unter ihnen, wie Luca und Glück, dann haben sie Ärger im Schlepptau.
Ähnlich war es im Land hinter den Nebeln, aus dem das Volk der Nur`Macor stammt. Dorthin waren wir gereist, da der Chronist uns darum gebeten hatte und in der Hoffnung auf wiedereinmal gesellige Runden mit Vlakor oder Duke oder den blutigen Schwingen, diesmal vertreten durch Nicolas Faust, Jadwiga und den verzaubernden Rubeus.
Sigal war wieder einmal vor uns vor Ort. Uns, das sind Bor, Boran, Joran, Nirgal, Ada, Sludig, Smu und ich, die Was. Doch Ruhe war uns nicht vergönnt. Beinahe jede Nacht mussten wir unser Leben und die Taverne verteidigen…
…vor Traumfressern, die zuerst nur an den Feen, dann auch an uns interessiert waren.
… vor einem Nekromanten und seinen Kreaturen und denen, die zum Fest der Toten geladen waren.
… vor insektoiden Dämonen aus einem Tor im Wald.
… vor den Weißnasen, die uns schon im letzten Jahr zu schaffen gemacht hatten.
Diese Bekannten aus dem Vorjahr wollten Joran ans Leder, da es seine Aufgabe war, den riesigen, magischen Würfel, der einst den hermetischen Lagerkoller hervorrief, zu reparieren. Er verzweifelte, siegte dennoch und bekam vom eigentlichen Wächter über den Würfel seine Großmeisterschaft.

So hatte fast ein jeder sein Los zu tragen in diesem Jahr:
Vlakor kümmerte sich nur um Feen, insbesondere um Efeu, die er beschützen musste, da er irgendwie für ihr Erschaffen im vorangegangenen Jahr verantwortlich war. Selbstverständlich nahm sich diesem Problem auch Overon an, der dieses Jahr mit Lynn angereist war.
Shawn, der mit Kalein (letztes Jahr Kaleb), Duke und dem Tribunal angereist war, kämpfte seinen eigenen Krieg gegen Vampire und in einer Pyramide. Vlakor, Overon Sludig und auch Bor verbanden die doch sehr unterschiedlichen Gruppen. Das Tribunal und uns mit Freunden und anderen Reisenden in Sigals Taverne.
Ada half Sludig Meister des Waldes hinter den Nebeln zu werden. Sie bezahlte gar teuer ihre Verschwiegenheit gegenüber Sludig an Bor.
Die wenigen Runden Sieben, viel zu seltene Gelegenheiten zum Musizieren mit Jadwiga und gar allzu häufiges Waffentraining an realen Feind, machten das Maß an Erschöpfung für alle voll. In einigen freien Minuten lernte Ada von Lars, dem Waldläufer und seinem Bekannten das Bogenschießen.
Ich lag fast immer zur selben Zeit verletzt in der Taverne wie eine Kriegerin, die mit ihrem Kind und ihrem Mann angereist war. Wir waren so im Fieber, den anderen wieder helfen zu können, dass wir wahnwitzige Pläne schmiedeten. Sigal beschloss deshalb zusammen mit der alchemiekundigen Heilerin Caroline (leider etwas senil durch ihr schon hohes Alter) mich lieber zu meiner eigenen Sicherheit mit Verbänden an meinen Stuhl zu fesseln. Oh, war ich sauer. So sauer, bis mir der Kopf qualmte
… und das tat er eh schon aus so vielen Gründen.
Ada und ich hatten geholfen, Schriften zu entschlüsseln, die Bor, Boran, die Schwingen und einige andere aus einer mit Dämonen verseuchten Bibliothek geborgen hatten. Und Schriften, die an den Wänden von Sigals Taverne in Form von Steintafeln hingen.
Auch rauchte der Kopf vom gegenseitigen Bewusstlosschlagen, da viele Angriffe der Untoten und der Traumfresser mentaler Art waren.
Kopfschmerz noch mehr von besessenen Feen und Traumfressern, die einem im Schlaf schlimm träumen lassen.
Und natürlich Kopfschmerz wegen der vielen Gedanken, die ich mir zu meiner Prüfung zur Priesterin Odins machte.

Möglichst kurz zusammengefasst lief meine Prüfung zur Priesterin folgendermaßen ab (ja, ich weiß, ich kann mich nicht kurz fassen):
Schon auf der Hinfahrt mit allen Freunden auf dem Drachenboot durch die Nebel begann es. Ein Priester kam mit seinen beiden Söhnen auf einem gondelähnlichen Gefährt auf das Boot zu. Sie fragten nach mir, Was Mitskar, und dass der Priester in den Runen gelesen hätte, dass ich wünschte eine Tochter Odins, eine ihm geweihte Priesterin zu werden. Ich musste mit ihnen fahren und meinem Wunsch Ausdruck verleihen. Ich wurde allein an Land abgesetzt und bekam gesagt, dass der Priester die Tage wiederkommen und mich prüfen würde.
Das machte mich sehr nervös. War ich wirklich würdig eine Tochter Odins zu werden? Hatte ich von den vielen Fremden und Reisenden genug Wissen über meine Götter gesammelt? Ich las noch einmal alles, was mir aus meinen Unterlagen wichtig erschien, versuchte mir alles zu merken. Machte mir, von allem was ich nur schwer behalten konnte Notizen an den merkwürdigsten Orten. Ständig drückte ich mich um das Lager herum, aus Angst meinen Termin zu verpassen.
Am vorletzten Tage unserer Reise erschien der Priester und prüfte mich in meinem Wissen, während wir gemeinsam immer wieder Gegner erschlugen. Er schien zufrieden, denn auch in den Gebieten, mit denen ich mich bislang nicht so beschäftigt hatte, gab ich mich selbstbewusst und unbeirrt. Aber eine letzte Prüfung legte er mir noch auf.
Ich sollte am nächsten Tage einen Wolf jagen und töten. Allein und ohne Rüstung. Ich sollte ihm dann sein Fell nehmen, es umhängen und mich mit seinem Blute beschmieren. Dann sollte ich zurückkehren, ein Thing einberufen und er, der Priester würde erneut erscheinen und mich belohnen.
Oh, ich war nervös. Ich, ein Tier töten, dass mir nichts getan hat?! Eine Was Mitskar als Jägerin, die doch bislang immer nur die Wälder durchstreift hatte, um in Not geratene Tiere zu retten und sie zu pflegen?!
Ich fragte alle, die mir vor die Nase kamen, um Rat. Und entschied mich am Ende zwar bewaffnet in den Wald zu ziehen, jedoch zu versuchen den Wolf mit einem gesungenen Gebet zu besänftigen. Vielleicht würde er mir dann folgen, wie so viele Tiere und Wesen es schon getan hatten?
Am nächsten Tag nahm ich allen Mut zusammen und als ich den Ruf eines Wolfes hörte, wusste ich, dass ich aufbrechen musste. Ich ging in den Wald. Odins Raben Hugin und Munin begleiteten mich kreisend und Stimmen begleiteten mich. Dann am Waldrand sah ich ihn und mir fröstelte. Es war ein Abbild dessen, der Odin einst töten und der bis zum Ragnarök gefesselt liegen wird. Gefesselt durch die Tat Heimdals, der seinen Arm in seinen Rachen steckte:
Der Fenriswolf. Dämonisch und kalt wie Eis. Trotz allem versuchte ich es mit meinem Lied und einem Schlafzauber, den mir Joran mit auf den Weg gegeben hatte. Versuchte ihn danach zu besänftigen und ihm dann zu befehlen. Aber all die half nichts. Ich hörte Fenris und Odins Stimmen in Zwiesprache über den Tod und erlegte schließlich den Wolf, als er zum Sprung auf mich ansetzte, wie Heimdal es einst tat. Einen Arm steckte ich in seinen Rachen und mit der anderen hielt ich die Axt, die ihn erschlug.
Nach schrecklichen Schmerzen und einem kurzen Gedanken daran, was Bor wohl sagen würde, wenn mir schon wieder ein Körperteil abhanden gekommen ist, bemerkte ich, dass mein Arm noch da war. Oder schon wieder da war. Und ich fühlte, dass der Boden auf, dem ich stand und ich selbst Odin geweiht waren.
Frohen Herzens kehrte ich aus dem Wald zurück und wollte den Thing einberufen und feiern, doch das musste verschoben werden, bis wir wieder sicher auf dem Boot waren, denn schon berichtete Ereignisse und noch einiges mehr zwangen uns nach kleinen Teilerfolgen doch geschlagen aus dem Land hinter den Nebeln abzureisen. Folgerndes muss ich deshalb noch erwähnen:

Boran verlor in einer Schlacht seine Axt, was ihn sowohl erzürnte, als ihn auch verzweifeln ließ, denn er konnte seinen Verlust noch nicht einmal in Ruhe mit Bier und flüssigem Sonnenlicht vor dem Zeltlager ertränken.
… Bor uns Rubeus gerieten beängstigend aneinander in einer der schlimmsten Nächte meines Lebens. Bor kämpfte unentwegt. Rubeus hielt die Traumfresser mit seiner beeindruckenden Macht und Erscheinung außerhalb eines vom ihm beherrschten Kreises. Diesen konnten wir alle die ganze Nacht nicht verlassen, nachdem auch den Weihrauch von Boran die Taverne nicht mehr schützte. Rubeus gelang einen der Traumfresser auf einen anderen zu hetzten und Bor griff genau diesen gerade an. Zwei bebende Stimmen mir sehr lieber Männer ließen mich erschaudern.
… Wir alle versuchten mit letzten Kräften, Bor und ich zum Erstaunen aller anderen im Kettenhemd, die Traumfresser zu vertreiben. Erinnert an den hermetischen Lagerkoller im Vorjahr begannen wir dem größten, zaubernden Traumfresser schmutzige Lieder zu singen und Witze zu erzählen, um ihn vom Zaubern abzuhalten. Zwei kleinere Traumfresser brachten wir gar damit zum Tanzen, sie sahen sich ähnlich wie zwei Brüder. Und ja, ich meine den großen, bösen auch schmunzeln gesehen zu haben, so dass er erneut beginnen musste, sich auf seinen Zauber zu konzentrieren. Aber das alles kann auch eine Erscheinung in meiner Müdigkeit und Erschöpfung gewesen sein…
… Auch Jadwiga hinterließ Spuren. Sie kommandierte unser Lager und verschaffte sich Respekt auch gegenüber dem Tribunal. Naja, liebevoll werden sie ihr bei einer nächsten gemeinsamen Reise eine Kiste schenken. Ebenso wie Bor, der ihr die Lektionen 1-49 in Selbstbeherrschung lehren will, damit sie und ich nicht wieder in unser sicheres Verderben rennen, bevor nicht jemand anders mitbekommen hat uns im Kampf zu unterstützen. Trotzdem war sie eine umsichtige und gute Kommandantin und sorgte gleichzeitig für unsere Heilung und Rüstung.
… Vlakor, ja Vlakor ist stolz auf mich, dass ich nun Priesterin bin und auch noch eine Schmiedelehre beginnen will. Er will mir Unterricht geben, wenn wir gemeinsam reisen. Leider hat auch er kaum Zeit gefunden hinter den Nebeln an seinem wunderschönen Streitkolben weiterzuarbeiten. In der besagten schlimmen Nacht, als die Mitskars Kettenhemd trugen, hielt er in einer Atempause zwischen den Kämpfen meine Hand, als wir dachten, wir würden alle nicht mehr lange leben.
… Joran glänzte in der Not nicht nur mit erstaunlich machtvoll gebrüllten Blitzstrählen, er zeigte uns allen auch, dass er sehr wohl weiß wie er mit seiner Armbrust umzugehen hat.
… Ein Pechvogel war Nicolas Faust. Er selbst weiß am besten warum. Ich hätte gern mehr Zeit gehabt ihn zu bemuttern. Aber das übernahmen Jadwiga und Rubeus auch zu genüge.
… Trotz der Gefahren und des Ärgers, den er oft bereitet, bewachten wir an einem der ersten Tage unserer Reise Asmodis, Jadwiga und zwei andere magische Heilerinnen, wie sie die unverhofft aufgetauchte, sterbenskranke Schwester von Asmodis heilten. Leider feierte Asmodis dieses Ereignis ein wenig zu heftig.

Nach einer Masse an Ereignissen, die uns alle einer endgültigen Lösung auch nicht näher brachten, entschlossen sich beide Lager abzureisen. Still zogen wir in geschlossener Formation zu unseren Schiffen, immer bedacht doch noch einmal angegriffen zu werden. Sludig berichtete später, dass dies auch der fall war, doch der Wald, dessen Meister er nun ist (nicht fälschlicherweise Waldmeister!) beschützte uns alle auf seinen Wunsch hin.
Die Schiffe legten ab und als wir endlich sichere Gewässer erreicht hatten, legten wir noch ein letztes Mal einen Steg, um uns gemeinsam zu erholen und zu verabschieden, bevor sich unsere Wege trennen sollten.
Es wurde eine schöne Feier, in der die viele Hektik der vergangenen Tage schnell vergessen war und auch die Streitigkeiten und Befremdlichkeiten zwischen dem Tribunal und unserem Lager um Sigals Taverne.
Ich berief das Thing ein, um von meiner Prüfung erzählen und feiern zu können. Natürlich nicht ohne vorher noch einmal allen Magiern an Bord einzubläuen, dass sie Priester sind. Zu ihrer eigenen Sicherheit, wegen den Ruderern.
Einige Dinge seinen von dieser Heimreise besonders erwähnt:
… Die Dame an Bord des Tribunals, die ihr erstes Andockmanöver löblich absolvierte und kaum Schaden hinterließ.
… Die Schultern von Rubeus, an denen ich mich noch einmal in Ruhe anlehnen konnte, bevor die Seekrankheit ihn ereilte.
… Endlich gemeinsam Lieder singen, essen und trinken in aller Ruhe und mit allen alten und neuen Freunden.
… Ahnen, Urgroßmutter und Urgroßvater, die mit dem Priester gemeinsam aus Walhall herabgekommen waren, um meine Priesterschaft zu feiern. Jetzt weiß ich, dass es eine große Ehre ist "die erste" Tochter Odins in meiner Ahnenreihe zu sein. Urgroßmutter ist wie Mutter und Urgroßvater ist wie Bor. Dies sollte Euch alles sagen. Danke an alle, die mir zuerst gratulierten und mich dann tröstend in den Arm nahmen.
… Vlakor, der mir sagte, ich sei eine wundervolle Frau und mir die Stirn küsste, nachdem Urgroßmutter mich als unwürdigen Enkelsohn beschimpfte.
…Was natürlich nie und nicht vergessen werden darf: Wir hatten mal wieder einen Klabauter an Bord. Für eine Nacht fragte er selbst nach einer Heuer und ich bin stolz sagen zu können, dass sich vor diesem Klabauter alle anwesenden Mitglieder der Silbermondgilde verneigten: Ambrosius Graufuchs (jetzt neu namentlich: Lamathiel Sûlfaen) , ehemaliger Erzkanzler der Silbermondgilde war bei uns an Bord. Groß, grau und etwas, ähm, Fee-ig.
… Dank an alle Glückwunsche aus Seiten des Tribunals, als ich das volle Thinghorn an Bord brachte und es herumgehen ließ. Duke berichtete mir von meinem Ruf dort:

Ich, Was Mitskar sei immer die kleine laute Frau gewesen, die bewaffnet vor der Tür gestanden hat. Nun begrüßten sie mich mit Was Mitskar, Tochter Odins.